Davidstern •  Jüdisches Leben in Pankow  • Pankow-Wappen

Jüdisches Leben in Pankow ist erst relativ spät ( seit 1829 ) zu verzeichnen, da es jüdischen Bürgern bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts nicht gestattet war, sich in Dörfern niederzulassen, Grundbesitz zu erwerben und Landwirtschaft zu betreiben.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Pankow eine kulturell lebendige, vielfältig organisierte jüdische Gemeinde, zwei Synagogen, zahlreiche Schulen, ein Altersheim, ein Säuglingsheim, ein Lehrlingsheim und das Waisenhaus in der Berliner Straße.


Berliner Straße
Jüdisches Waisenhaus in der Berliner Straße 120/121
( Foto aus dem Jahr 1935 )

•  Pankow, Mühlenstraße 24 ( früher 20 )  •
- Lehrlingsheim Pankow -

Ausbildung junger jüdischer Knaben seit 17. Mai 1896 in der Mühlenstraße 24 ( früher 20 )
Im Dezember 1939 wurde das Haus zwangsgeräumt und die Insassen vertrieben.
jüdisches Lehrlingsheim um 1900
Ansicht des Lehrlingsheims um 1900
jüdisches Lehrlingsheim um 1900
Mitglieder des Curatoriums im Jahre 1900


•  Pankow, Mühlenstraße 77 ( früher 86 )  •
- Mädchenhaus Pankow -

Am 01. Juni 1894 wurde als Parallel-Einrichtung zum jüdischen Waisenhaus für Knaben in der Berliner Straße ein Ausbildungsheim für jüdische Mädchen eröffnet.
Seit 1929 war das Haus jüdisches Gemeindehaus in Pankow mit zahlreichen sozialen und kulturellen Einrichtungen. 1935 wurde hier eine Synagoge des Pankower Religionsvereins "Agudath Achim" eingeweiht, in der es möglich war, bis 1940 als einzige Pankower Synagoge Gottesdienste abzuhalten.
Mühlenstraße 77
Straßenansicht des Hauses 2003
Mühlenstraße 77
Hofansicht des Hauses 2003
1940 wurde diese Betstätte durch die Nationalsozialisten geschlossen und es erfolgte die Zwangseinweisung jüdischer Familien, die aus ihren bisherigen Wohnungen exmittiert worden waren. Zwischen 1941 und 1943 wurden diese 9 Familien - insgesamt 22 Personen - aus diesem Haus in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert.
Gedenktafel
Am 07. November 2003 wurde vom Förderverein des ehemaligen Jüdischen Waisenhauses feierlich eine Gedenktafel enthüllt, die an die Geschichte dieses Hauses erinnert.
Mühlenstraße 77 Mühlenstraße 77



In Pankow lebten und wirkten verschiedene bekannte jüdische Mitbürger.

1848 lebte und wirke der Arzt Dr. Eduard Heymann in Pankow.
In seiner Praxis arbeitete auch Dr. Emanuel Mendel, der 1864 diese übernahm.
1895 gründete Moses Heimann den Pankower Religionsverein "Agudath Achim".
Die bekannte Bankiersfamilie Bleichröder hatte schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts Grundbesitz in Pankow.
Der Arzt Dr. Fritz Bleichröder wohnte seit 1912 in der Breiten Straße 33.

Garbáty-Fabrik

Josef Garbáty
Fabrikant Josef Garbáty und Mäzen
Garbáty-Fabrikgebäude
Gebäudeansichten
der Garbáty-Zigarettenfabrik um 1920
1906 übersiedelte die Zigarettenfabrik von Josef Garbáty von der Schönhauser Allee nach Pankow. In der Hadlichstraße entstand das erste Fabrikgebäude, das zweite Gebäude wurde 1912 in der Berliner Straße errichtet. Nach dem Bau eines dritten Fabrikgebäudes 1930 hatte der Betrieb fast 1600 Beschäftigte.
1938 wurde im Zuge der "Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben" der gesamte Garbáty-Besitz zwangsverkauft. 1939 emigrierte die Familie Garbáty nach Amerika. Der Firmengründer Josef Garbáty blieb in Pankow und verstarb im gleichen Jahr im Alter von 88 Jahren.

Der sozial engagierte Förderer Pankows wurde im Jahr 2000 durch den Bezirk geehrt.
Der Platz vor dem U- und S-Bahnhof Pankow erhielt den Namen "Garbátyplatz".
Garbátyplatz Am 29. Juni 2002 wurde zu Ehren von Josef Garbáty
auf dem Garbátyplatz ein Denkzeichen eingeweiht.

Garbátyplatz

Seit 23. August 2003 weist eine Bodenplatte in Textform auf Josef Garbáty hin.
Anäßlich aller Einweihungen war Thomas Garbáty,
der Enkel des Firmengründers, anwesend.



In Pankow gab es zahlreiche jüdische Einzelhändler, bei denen man gern einkaufte.

Ein Beispiel ist das damals bekannte Konfektionsgeschäft von Benno Falk gegenüber dem Pankower Rathaus in der Breiten Straße 23.
Werbeanzeige 1927
Werbeanzeige

Breite Strasse 23

Breite Straße 23
mit dem Geschäft von Benno Falk
mit zwei Schaufenstern

( Ansicht aus den zwanziger Jahren )
Am 12. Juli 2002 wurde vom Hauseigentümer, der Dr. Walter und Margarete Cajewitz-Stiftung, eine Gedenktafel mit folgendem Inhalt angebracht:
In diesem Haus wohnte
der jüdische Kaufmann
Benno Falk mit seiner Frau Dorothea.

Als freundliche und gefällige Geschäftsleute
in Pankow gut bekannt, verkauften sie hier
Herrenbekleidung und Damenkonfektion.

1935 überfielen aufgehetzte Nazis
den Laden und plünderten ihn.
Benno Falk wurde misshandelt und gedemütigt.
Ähnliches wiederholte sich
während des Novemberpogroms 1938.

Benno Falk verstarb im Februar 1940,
seine Frau kam in Auschwitz ums Leben.

Breite Strasse 23
Anbringung der Gedenktafel am Haus Breite Straße 23
Breite Strasse 23
Prof. Dr. Peter-Alexis Albrecht




Die Familie Jany aus der Florastraße 50 hatte einen guten Namen. Sie betrieb in Pankow drei Geschäfte. Ein Geschäft für Wirtschaftsartikel von Margarete Jany befand sich in der Florastraße 48.

Ladenansicht
Ladenansicht in der Florastr. 48 vom Mai 1924
Ladenansicht
Ladenansicht Oktober 2003

Gedenktafel Am 12. Oktober 2003 wurde vom Förderverein Jüdisches Waisenhaus e.V. eine Gedenktafel mit folgendem Inhalt angebracht:
Mai 1924   Margarete mit ihren Kindern
Elfriede, Käthe und Max.

Hier betrieb die kinderreiche jüdische Familie Jany ihren Laden mit Wirtschaftsartikeln. Sie wohnte im Nebenhaus Nr. 50. Im Februar/März 1943 verhafteten die Nationalsozialisten acht Familienmitglieder und ermordeten sie in Auschwitz.

Margarete Jany, geb. Bernstein, *1874
Flora Rosenthal, geb. Jany, *1901
Heinz-Michael Rosenthal, *1934
Alfred Jany, *1906
Toni Jany, geb. Rand, *1910
Margot Jany, *1934
Elfriede David, geb. Jany, *1916
Herbert David, *1906

Florastrasse 48 Florastrasse 48
Anbringung der Gedenktafel in Anwesenheit von Angehörigen der Familie Jany
aus Israel, Holland und Österreich und Pankower Bürgerinnen und Bürgern.



Haus Nr. 133
Wollankstr. 133
um 1900
Familie Selbiger
Im Haus Wollankstraße 133 befand sich von 1876 bis zum Novemberpogrom 1938 das Geschäft des jüdischen Glasermeisters Selig Selbiger und seiner Frau Regina.
Seit dem Herbst 2004 erinnert eine Gedenktafel am Hauseingang an diese Familie.

Hinweis: Wenn Sie das rechte Bild anklicken,
sehen Sie dieses im Großformat und können den Inhalt lesen.
Klicken Sie danach in Ihrem Browser auf zurück.

Gedenktafel
2004



•  Pankow-Niederschönhausen, Platanenstraße 114  •
Georg Herrmann hatte 1910 in Berlin-Weißensee einen Betrieb für Eisen- und Maschinenbearbeitung gegründet. Diesen verlegte er nach dem 1. Weltkrieg nach Niederschönhausen in die Buchholzer Straße 62-65. Nach dem Umzug des Betriebes erwarb er das Grundstück Platanenstraße 114 mit einem geräumigen Wohnhaus. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Haus zu einem sogenannten "Judenhaus" bestimmt, d.h. jüdische Familien wurden hier zwangseingewiesen. Alle Familien dieses Hauses wurden im Laufe des Jahres 1942 in verschiedene Vernichtungsstätten des Naziregimes deportiert.
Heute wird dieses Haus von einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen, dem "Kaspar Hauser Therapeutikum", genutzt.
Platanenstraße 114
Gedenktafel für die deportierten jüdischen Bewohner des Hauses
Platanenstraße 114
Ansicht des Hauses 2004
Am 04. März 2004 wurde vom Förderverein des ehemaligen Jüdischen Waisenhauses feierlich eine Gedenktafel enthüllt, die an das Schicksal der ehemaligen jüdischen Bewohner dieses Hauses erinnert.
Platanenstraße 114 Platanenstraße 114



Am 20. Januar 1942 wurde auf einer Konferenz in Berlin ( "Wannsee-Konferenz" ) den anwesenden Regierungsbeamten und Parteifunktionären von Heydrich mitgeteilt, dass nun die systematische Deportation und Ermordung der deutschen und später auch der europäischen Juden erfolgen wird. Dieser Naziterror zerstörte endgültig das jüdische Leben auch in Pankow; viele Pankower Juden wurden verschleppt und ermordet.


Vieles über jüdische Stätten und jüdisches Leben in Pankow ist in den Büchern von Frau Dr. Inge Lammel nachzulesen.


Wem noch historisches Informations- oder Bildmaterial zur Verfügung steht,
kann dies sehr gern dem Verein mitteilen. Wir sind für jeden Hinweis dankbar.